Hilfe zur Selbsthilfe

Bericht über den THW Auslandseinsatz vom 23.08 - 12.10.2002
von Thomas Bolz

Das THW ist seit März 1993 im ehemaligen Jugoslawien tätig und leistet dort mit vielen Helfern Wiederaufbauhilfe. Die Stadt Mostar war zu 80% vom Krieg zerstört worden. Viele Menschen hatten keinen Wohnraum. Die Versorgung der Stadt mit Trinkwasser und Elektrizität war völlig zusammengebrochen.

Anfang März 1994 begann das THW den Wiederaufbau der Stadt Mostar. Als erstes wurde die Stadt enttrümmert und die Wasserversorgung wiederhergestellt. Da alle Brücken von Ost nach West Mostar zerstört wurden, hat das THW zur Wasserversorgung eine Wasserbrücke gebaut, die auch noch heute 600.000 Liter täglich zur Trinkwasserversorgung beiträgt. Nebenbei gab es auch viele Notbrunnen. Selbst heute liegen teilweise noch Sandsäcke in den Fenstern der Häuser und auf den Straßen liegen Patronenhülsen. Laut einer aktuellen Karte sind ca. 50% der offiziellen Minenfelder in Bosnien nicht geräumt. Selbst bei uns in unmittelbarer Nähe gab es noch Minenfelder. Viele vom Krieg verursachten Spuren sind bis heute noch nicht beseitigt und es wird auch noch lange dauern, um alle Spuren zu beseitigen. Es ist egal wo man hinschaut, Einschusslöcher und Löcher von Granatenexplosionen sind überall zu sehen. Die Frontlinie verlief einmal quer durch die Stadt, wo die Kriegsparteien Häusergefechte auf wenige Meter führten. Zudem kamen noch die schweren Angriffe aus den Bergen. Da Mostar in einem Tal liegt, war es den Angriffen aus den Bergen völlig schutzlos ausgeliefert.

Das THW hat zwei Bauhöfe in der Region um Mostar. Einen direkt in der Stadt und einen zweiten etwas außerhalb in dem Ort Blizanci. Das THW-Bauhofkonzept beruht auf dem Grundsatz der "Hilfe zur Selbsthilfe". Es wurde speziell für die Balkanregion entwickelt und geht davon aus, dass die Begünstigten im Regelfall zumindest einfache Baureparaturen selbständig durchführen können. Die Bauhöfe des THW stellen den von Kriegsschäden betroffenen Hausbesitzern alles Notwendige für die Reparaturen ihrer Häuser zur Verfügung. Jeder Bauhof ist Baustofflager und Logistikzentrum. Hier werden alle Materialien, Maschinen und Geräte zusammengestellt, die für die Reparaturen des jeweiligen Hauses benötigt werden. Von einfachen Werkzeugen bis hin zu schweren Baumaschinen wird die gesamte Technik konzentriert und von hier aus täglich eingesetzt. Für viele Arbeiten braucht man Fachleute wie Zimmerleute, Maurer, Glaser ..., alle diese Arbeiter haben mit und für das THW in Arbeitskolonnen beim Aufbau Mostar mitgeholfen. In all diesen Jahren hat das THW 16.000 Häuser gebaut und instandgesetzt. Dafür wurden 11.800.000 Ziegelsteine, 53.300 Fenster, 25.000 Türen und 25.000 Tonnen Zement verarbeitet. Für ca. 55.000 Menschen wurde wieder ein sicheres Dach über dem Kopf geschaffen. Zahlreiche Ambulanzen, Arztpraxen, ein Krankenhaus und 17 Schulen wurden wiederaufgebaut oder instandgesetzt. Im Rahmen der Wasserversorgung wurden 7 Trinkwasserspeicher, ein Brunnenfeld mit 9 Brunnen, dazu 3 Pumpanlagen, 410 Zisternen und 150 km Wasserleitung neu gebaut. Für die Stromversorgung wurden 1.300 neue Strommasten gesetzt, 46 Trafostationen gebaut und 650 km Stromleitung errichtet.

Alle diese Arbeiten wurden in 8 Jahren unter Leitung des THW erbracht. Mostar steht jetzt vor der Aufgabe, den Aufbau ohne Hilfsorganisationen weiterzuführen. Die im Jahr 1993 zerstörte "Stari Most" (Alte Brücke) in Mostar, wird von der Türkei wieder aufgebaut. Sie war eine der berühmten Brücken, die über den Fluss "Neretva" führen. Der Bauhof in Blizanci indem ich tätig war, war die letzten 4 Jahre das Logistikzentrum für den gesamten Balkan. Von hier aus wurden alle Bauhöfe mit Material und Fahrzeugen ausgestattet. Es bestand aus über 230 Fahrzeugen wie LKWs, Kranwagen, Walzen, Radlader, Gabelstapler, Küchenwagen und anderen schweren Baumaschinen. Diese Fahrzeuge, die Werkstätten und Büros werden jetzt abgebaut und in die nächsten Einsatzgebiete nach Kabul, Nairobi und in den Kosovo verschickt.

Ich war dort als einer von zwei Logistikern tätig und wir waren damit beschäftigt, einen reibungslosen Ablauf bei der Auflösung des Lagers zu gewährleisten. Es war keine einfache Aufgabe, da alles für die anstehenden Transporte in die neuen Einsatzgebiete aufgelistet, verpackt und gesichert werden musste. Für die Baumaschinen mussten geeignete Tieflader gefunden werden und alle Fahrzeuge, die auf dem Hof standen mussten in der THW eigenen Werkstatt auf Sicherheit und Fahrtüchtigkeit überprüft werden, bevor sie in den nächsten Einsatz versendet wurden.

Viele unserer Einsatzsachen wurden sozialen Organisationen und hilfsbedürftigen Betrieben überlassen. Somit bekam eine Behindertenwerkstatt verschiedene Werkzeuge, eine Fachhochschule wurde mit Computer und diversem Zubehör ausgerüstet und viele Betriebe bekamen Fahrzeuge und Baumaschinen des THW. Aufgrund des Zeitdrucks und der anfallenden Arbeit wurde mein Einsatz einige Tage nach meiner Ankunft am 23.08.2002 auf den 11. Oktober verlängert. Wir wurden am 13. September durch 3 weitere Helfer verstärkt und zählten somit 10 deutsche THW Helfer und 8 einheimische Arbeiter. Gearbeitet wurde täglich von 08:00 Uhr bis 18:00 Uhr, außer Samstags und Sonntags. Diese Tage standen zur freien Verfügung um Land und Leute kennen zu lernen. Letztendlich waren wir meistens doch auf dem THW Gelände. Untergebracht waren wir bei einheimischen Familien, wo wir Zimmer angemietet und uns selbst verpflegt haben. Die Menschen hier waren sehr dankbar für den Einsatz des THWs und somit kam es auch einige Abende vor, dass wir bei Familien zum Essen eingeladen worden sind. Somit hatten wir die Möglichkeit die Leute und ihre Gastfreundschaft kennen zu lernen. Dabei konnte man auch über den Krieg viel erfahren, wie es wirklich war und die verschiedenen Ansichtsseiten der Leute.

Durch solche Einsätze und auch die in Deutschland (Hochwasser im August diesen Jahres) zeigen, dass das THW nicht wegzudenken ist und das es nie zu viele Helfer geben kann, denn solche Einrichtungen wie auch das THW leben von freiwilligen Helfern. Für mich persönlich war es ein anstrengender, interessanter und informativer Einsatz.

Fotos

Bericht auf www.thw.de THW auf dem Balkan Flüchtlingshilfe und Wiederaufbau

Bericht auf www.thw.de Wiederaufbau Bosnien

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Die Stadt Moster

Der THW Bauhof

Zerstörte Brüche über den Fluss Neretva

Wasserleitung über dem Fluss