Hilfstransport in die Ukraine

Am 15.05.2005 startete ein Hilfsgüterkonvoi in die Ukraine. Die Organisation der Reise hatte die Initiative IceFlower aus Lübeck, dort macht man schon seit 1992 Hilfsgütertransporte nach Osteuropa. Ziel war die Hafenstadt Odessa, die auch schon in den Jahren zuvor besucht worden ist.
IceFlower sammelt Hilfsgüter - vornehmlich medizinisch-technische Geräte -, sortiert und verpackt diese und sorgt für den Versand. Die Transporte, die jüngst vom THW unterstützt werden, werden von IceFlower begleitet. So können vor Ort sowohl die Verteilung, als auch der Verbleib der Hilfsgüter des Vorjahres kontrolliert werden.

In diesem Jahr waren wir mit 2 Fahrzeugen unterwegs. Einer Zugmaschine mit einem ca. 12 Meter langen Auflieger voll mit guten medizinisch-technischen Hilfsgütern vom Feinsten. Und dem IKW unserer Jugendgruppe, beladen mit 559 Wichtelpaketen. Wichtelpakete sind Päckchen, die hier von Kindern mit kleinen Überraschungen gefüllt wurden und vor Ort in Waisenhäusern, Heimen für Strassenkindern und Kinderkrankenhäusern verteilt werden.

Die Zugmaschine hatte uns der Ortsverband Hamburg-Mitte, den Auflieger der Ortsverband Stralsund freundlicherweise zur Verfügung gestellt. An dieser Stelle ein großes Dankeschön auch an unsere Geschäftsstelle und den Länderverband für die Unterstützung.

Reisebericht

Pfingstsonntag, 15. Mai 2005

Wir fahren um 5 Uhr in Hamburg los.
Wir, das sind 6 Personen. Dr. med. Marie-Luise Verspohl (im Bericht nur noch Marlu genannt) und Nina Federmann von IceFlower e.V., Erich Raabe, Klaus Griem und Walter Piechatzek vom THW Ortverband Hamburg-Nord und Peter Sonnemann, Vorsitzende der THW Landeshelfervereinigung Hamburg e.V.
Peter und Walter mit Marlu und Nina auf der Hinterbank im IKW vorweg, Erich und Klaus im Sattelzug dahinter. Mit an Bord Proviant für mindestens 4 Tage und mehrere Paletten Bier und Softdrinks. Das Bier ist nicht nur für uns bestimmt, sondern soll uns auf unserer Reise noch an einigen Stellen weiterhelfen.
Bei der Abfahrt ist das Wetter noch vielversprechend, doch sobald wir Mecklenburg-Vorpommern erreichen, fängt es an zu regnen.
Erste große Überraschung auf der Autobahn in Richtung Berlin: an der Raststätte Schaalsee wartet Reinhard Pilarski schweren Herzens (er wäre so gerne mit dabei) mit einer gekühlten Flasche „IceFlower“-Prosecco, diversen Weinen für die Bekannten in Odessa und einem echten Champagner für uns, wenn wir das größte Hindernis, die Grenze in die Ukraine, passiert haben. Gerührt nehmen wir alles an und es tut uns wirklich leid, dass er unfreiwillig in diesem Jahr zum ersten Mal nicht mitfahren kann. Reinhard Pilarski ist der „Vater“ von IceFlower und war bisher jedes Jahr dabei.

Dann fahren wir im Regen weiter, es regnet und regnet und regnet und die Temperaturen sind kaum anders als letztes Jahr im März. Irgend so ein Idiot steht kurz vor Berlin an einer Autobahnbrücke und winkt. Nina fragt sich, wer wohl an Pfingsten im Regen freiwillig da steht und dem Auto zuwinkt. Wir sind alle überzeugt, dass es nur ein krimineller Steinewerfer sein kann, doch zehn Minuten später überholt uns dieser Kriminelle, es ist Micha aus Hannover, seit vielen Jahren aktives „Iceflower“-Mitglied, der auch unter dem IceFlower-Tour-Entzug nach Odessa so leidet, dass er uns wenigstens für zwei Tage begleiten möchte.

Wir halten am nächsten Parkplatz, freudige Begrüßung. Er hat vor wenigstens bis heute Abend in Warschau uns zu begleiten und auch dort zu übernachten, um ein bisschen das Feeling wieder zu bekommen.
Gegen 11 Uhr machen wir ein Kaffeepäuschen an der letzten Raststätte vor der Grenze Frankfurt/Oder. Es ist eigentlich nur eine Tankstelle mit ein paar Stehtischen, die auch noch besetzt sind. Dank des Charmes von Peter Sonnemann verlassen alle Kunden und Gäste fluchtartig die Tankstelle um uns Platz zu machen.

Um 12 Uhr erreichen wir die Grenze in Frankfurt/Oder. Das totale Kontrastprogramm zum letzten Jahr. Hat es letztes Jahr noch sechs Stunden gedauert, so sind wir nun - dank EU-Osterweiterung - in fünf Minuten durch.
Auf der zunächst noch sehr gut ausgebauten Autobahn geht es in Richtung Warschau weiter. Typische Begrüßung im Ostblock: rechts und links Night-Clubs, Bordsteinschwalben und ansonsten nur Natur pur.

Einen Großteil der Strecke können wir auf einer nagelneuen, perfekten Autobahn zurücklegen, die uns allerdings für alle drei Fahrzeuge zusammen 213,- Zloty kostet, d. h. ungefähr 53 Euro (zuzüglich der ohnehin für Polen zu zahlenden Straßenbenutzungsgebühr in Höhe von insgesamt 92,- Zloty, d.h. ungefähr 23,- Euro (für zwei Fahrzeuge für zwei Tage). Dafür haben wir sehr viel Zeit gewonnen und auch weniger Stress gehabt, denn runter von der Autobahn auf den polnischen Landstraßen ist wirklich die Hölle los. Zum einen „segelt“ man mit den Autos auf diesen unebenen Straßen und zum anderen sind die Überholmanöver der Pkws und Reisebusse sehr risikoreich, um nicht zu sagen kamikazemässig. Einen ums Leben gekommenen Motorradfahrer sehen wir noch zwischen den Rädern eines Lkws liegen.

Gegen Abend hat es dann auch endlich aufgehört zu regnen, die Sonne hat sich durchgesetzt und wir fahren in wunderbarem Abendlicht auf der Umgehungsstraße südlich an Warschau vorbei. Wir beschließen, im Gewerbegebiet von Warschau ein Hotel zu suchen. Da es ja länger hell ist, sollte es auch kein Problem sein, denken wir jedenfalls. Über eine Umgehungsstraße (Lkws dürfen nur bedingt nach Warschau rein fahren) geraten wir auf eine Nebenstrecke und Hotels sind hier weit und breit nicht in Sicht! Langsam wird es immer dunkler. Nina und Micha fahren mit dem Pkw als „Hotel-Suchtrupp-Vorhut“ voraus. Dann endlich, gegen 21:30 Uhr doch noch ein Erfolg: Zwischen Warschau und Radom, Richtung Süden, an der B77 gelegen, findet sich eine gut-bürgerliche Lokalität mit äußerst traditionell-rustikalem Ambiente des Landes: Holzfiguren, kleiner See, Holzbänke, Akkordeon-Musik und ein hervorragendes Frühstück am nächsten Morgen.

Pfingstmontag, 16. Mai 2005

Abfahrt gegen 9 Uhr. Micha wird uns noch bis Radom begleiten und dann gen Westen und Heimat abdrehen müssen, offensichtlich schweren Herzens...

Die Sonne scheint, es verspricht ein schöner Tag zu werden und wir hoffen, dass heute der große Angang des Grenzübergangs entsprechend der Sonne äußerst harmonisch, sonnig und schnell verläuft.

Um 16:00 Uhr sind wir in Hrebenne, der polnischen Grenze. Trotz einer mittelmäßigen Schlange sind wir frech mit unseren Fahrzeugen rechts dran vorbei gezogen. Dank des Schreibens auf polnisch, von der Deutschen Botschaft ausgestellt, können wir sehr schnell unser Anliegen vortragen. Wir kamen entsprechend zügig an die Reihe und dank Ninas blauer Augen, gemeinsamen fröhlichen Lächelns aller Tourteilnehmer und schokoladeüberzogener Pfefferminzbonbons sowie Holsten-Kugelschreiber auch komplikationslos abgefertigt. Innerhalb einer Stunde waren wir mit beiden Autos aus Polen raus.
In dieser Euphorie meinten wir, dass es auch unbedingt so weiter gehen müsse. Auch dies ließ sich zunächst ganz gut an. Dann kamen jedoch die großen Probleme: Zum einen muss ein ukrainischer Spediteur sämtliche Positionen auf der Ladeliste mit einer Codenummer versehen, die die Angestellten stundenlang in zwei dicken Büchern suchten und zum Teil nicht finden konnten. Parallel dazu haben wir versucht, den Zoll für die Autos abzuwickeln: Obwohl wir für den kleineren Lkw kein CMR-Papier haben, er auch nicht wie der große Lkw verplombt ist und wir über den Inhalt der 559 Wichtelpakete keinerlei Angaben machen können, gibt dies wider Erwarten keinen Anlass für Beanstandungen. Vielmehr fehlt uns ein Papier, welches die Einreise von Lkws in die Ukraine gestattet (Carnet TIR) (was wir nach mehrstündigen Verhandlungen mit Händen und Füßen von den lediglich russisch sprechenden Zollbeamten herausbekommen). Uns wird angeboten, dieses Papier für 250,- Euro hier an der Grenze zu kaufen (in Deutschland kostet es angeblich eine Gebühr von 10,- Euro).
Da helfen weder gute noch böse Worte, kein Marzipan und keine diversen anderen Korruptionalien weiter. Auch mit zahlreichen Telefonaten nach Odessa kann in der Nacht nichts mehr erreicht werden. Die Grenzbeamten hier in Rava Ruska sind wesentlich netter als im letzten Jahr bei Medina und zeigen uns auch ihre Hilfsbereitschaft und ihr Entgegenkommen. Es ist auch klar, dass sie das Geld nicht für sich selber einstecken wollen, sondern lediglich, wenn auch verbissen, ihre Bestimmungen einhalten müssen.
Da nichts zu machen ist, müssen wir alle in den Autos im Zollhof übernachten. Wir trinken in der Cafeteria des Zollhofes die letzten sechs Flaschen Bier, die es dort gibt, machen am Auto mit „Fingerfood“ und Rotwein weiter, um die nötige Bettschwere bzw. Sitzschwere zu erhalten (und die Benutzung der dortigen Toiletten und den doch sehr speziellen Kaffee ertragen zu können).
Wir lernen einen polnischen Trucker kennen, der mit uns im Zollhof Wagen an Wagen steht. Die arme Socke aus Polen wartet dort schon seit sieben Tagen auf ein erlösendes Fax aus England. Trotz unserer Lage zerfließen wir vor Mitleid, geben ihm vier Flaschen Bier und für seine Kinder noch zwei Wichtelpakete mit.

Eine kleine Anekdote nebenbei:
Das Zimmer des sog. Zollpräsidenten, in dem Marlu und Nina sitzen, die Telefonate und verzweifelten Versuche uns helfen zu wollen abwartend, ist mit einem kleinen Schreibtisch, zwei Schreibtischstühlen mit äußerst dreckigen Füßen, als wenn sie vier Wochen im Schlamm gestanden haben, ausgestattet und einem riesigen „Schinken“: einem Ölgemälde, das einen dicken, fetten, ehemaligen Zaren in einem mit Hermelin besetzten Umhang und eiskalten Augen darstellt. Die linke Hand steckt unter dem Stoff, der sich so hervorwölbt, als wenn er da eine Knarre hätte. Direkt vor diesem alten Schinken steht ein ultramoderner Flat-Bildschirm eines offensichtlich hochwertigen Computers….
Überhaupt ist die ganze Atmosphäre bei der Zollabwicklung interessant: Jedes Auto, das in die Ukraine hinein will, kriegt einen kleinen grünen Zettel, praktisch als Laufzettel für die Abwicklung. Der wird ins Auto reingereicht und gleichzeitig gibt der Fahrer Schmiergeld in Scheinform zurück.
Die Autos sehen zu 80 % alle aus, als wenn sie Teilnehmer eines Crash-Car-Rennens gewesen wären. Alle machen uns aber höflich Platz. Mit den zwei blauen THW-Fahrzeugen und uns allen in der blauen Uniform mit den gelben Leuchtstreifen wirken wir schon an der Grenze deutlich auffälliger als in den letzten Jahren. Dass Nina mit ihren blauen Augen voranmarschiert und lächelnd das Ganze mit abwickelt, hat sicherlich auch zur entspannteren Atmosphäre beigetragen.
 

Dienstag, 17. Mai 2005

Um 11:45 ist das Fax aus Kiew da, wir dürfen nach 16 Stunden Wartezeit weiterfahren. Es ist auch in diesem Jahr an dieser Grenze so, dass man erst hinter diesem Schlagbau endlich wirklich im Osten ist. Die Straßen sind noch mal um Klassen schlechter, die Leute deutlich ärmlicher, die Behausungen ebenso. Es gibt viele Storchennester und im Vergleich zum März wunderschönes, sattes Maigrün, gelbe Butterblumen auf den Wiesen, und der Regen hat zum Glück auch aufgehört.

Wir kommen gut voran, haben allerdings nach der letzten Nacht im Auto nicht mehr sehr viel Sitzfleisch. Da wir es sowieso nicht bis Odessa schaffen werden, wünschen wir uns rechtzeitige Quartiersuche. Wir werden fündig im Motel „BET“ an der Hauptstrasse nach Vinnycia, wo wir zwei plüschige Doppelzimmer und eine spärlich möblierte, dafür aber mit Whirlpool ausgestattete und für eindeutige Zwecke vorgesehene (die benutzten Gläser und eine halbvolle Champagnerflasche stehen noch neben dem zerwühlten Bett) Suite beziehen. Das Restaurant im Garten hat viele kleine Häuschen mit vorgezogenen Gardinen, so dass keiner das Treiben hinter den Türen verfolgen kann, in denen das Essen serviert wird.
Nach herrlichem Duschen, leckerem Essen und kühlem Bier fallen wir gegen 23:00 Uhr in die durchgelegenen Matratzen und sinken in einen tiefen, seligen Schlaf.
 

Mittwoch, 18. Mai 2005

Um 8 Uhr ist Abfahrt. Die Sonne scheint, es ist warm, die Stimmung ist gut und es geht weiter gen Osten.
An einem Fischmarkt an der Straße machen wir Halt. Die verschiedenen geräucherten Fische, die in kleinen Hütten verkauft werden, geben schöne Fotomotive ab. Wir werden zum Probieren der Fischfrikadellen aufgefordert. Sie schmecken gar nicht schlecht, so dass wir einige für das nächste Picknick kaufen.

Später eine Begegnung mit einer der zahlreichen Polizeikontrollen, der Polizist zeigt mit seinem Haltestab auf uns, wir halten an. Walter ist gerade gefahren und ist leicht genervt, als er den Polizisten mit sehr langsamen Schritten im Seitenspiegel auf uns zukommen sieht. Er will Führerschein und Fahrzeugschein sehen, und schaut nicht wirklich rein sondern zeigt auf unser ausgeschaltetes Blaulicht und gibt zu verstehen, dass wir unser Blaulicht abbauen sollen. Er ist wohl der Auffassung, wir würden uns, auch wenn wir es gar nicht benutzen, damit ihre Hoheitsmacht anmaßen. Da es fest installiert ist, machen wir ihm klar, das es nicht so einfach geht. Er möchte, das wir eine Strafe bezahlen. Wir wollen nicht. Klaus kommt mit einer Rolle Klebeband und zeigt, das wir das Blaulicht abkleben. Nein, jetzt zu spät, hätten wir an der Grenze machen müssen, jetzt Strafe. Wir Diskutieren noch eine Weile, bis der Polizist uns mit einer genervten Handbewegung verabschiedet. Wir kleben das Blaulicht ab und fahren weiter. Bis dahin sind wir schon zweimal von der Polizei angehalten worden, man interessierte sich nur für die blauen Autos und unser Ziel. Das Blaulicht hatte bis dahin niemand angesprochen.

Gegen 15 Uhr sind wir dann auf der „Magistrale“, der Hauptverbindungsstrecke zwischen Kiew und Odessa, die im letzten Jahr noch erhebliche Baustellen hatte und diesmal bis Odessa komplett fertig ist. Es ist eine nagelneue, tolle Autobahn und die Wagen rollen und rollen und rollen. Die Sonne scheint, blauer Himmel, grüne Wiesen, grüne Bäume, gelbe Rapsfelder- einfach toll!

Die Damen der Stadtverwaltung Odessa rufen inzwischen an und machen einen Treffpunkt mit uns aus, kurz vor der Stadtgrenze, an der Polizeistation.
Auf dem letzten Stück dürfen Nina und Marlu abwechselnd mit in der Zugmaschine sitzen. Es ist für die beiden ein ganz tolles Gefühl von so hoch oben die Landschaft zu sehen und das Schwarze Meer allmählich zu erahnen.
Um 18:30 Uhr dann das große Wiedersehen an der Wachstation. Alle sind sie gekommen und es ist auch derselbe Bus vom letzten Jahr mit dem Fahrer Grischa, und Nella, Olga, Oxana und die Dolmetscherin Masha.
Wir fahren zusammen zum Zollhof und stellen dort den großen LKW ab, dann gemeinsam zum traditionellen Hotel „Corne More“, das „Schwarze Meer“. Unsere Zimmer befinden sich im 9. Stockwerk, mit Blick auf`s Monastir mit den vergoldeten Kuppeln.

20 Uhr: Abfahrt zum Restaurant. Heftig wird über die Abwicklung an der Grenze diskutiert und es gibt – so wie es aussieht – auf keiner Seite ein Verschulden, sondern Missverständnisse zwischen üblicher Zollabwicklung durch einen Spediteur und dem THW, das eine besondere Stellung hat und keine Spedition ist. Außerdem scheinen sich hier die Bestimmungen ständig zu ändern.

Nach dem Abendessen werden wir gegen 21:30 Uhr am Hotel abgesetzt. Da wir morgens schon um 7:45 Uhr zum Zollhof abgeholt werden, wollen alle früh zu Bett.
 

Donnerstag, 19. Mai 2005

Es gibt ab 7:30 Uhr Frühstück. Die Frühstücksbar des Hotels im zweiten Stock wird umgebaut. Bis wir es gefunden haben, ist es schon 7:40 Uhr, im japanischen Restaurant nebenan. Pünktlich um 7:45 Uhr werden wir abgeholt, um 8 Uhr sind wir im Zollhof.
Die Sonne scheint, es ist irre warm und wir halten während der Wartezeit ein Nickerchen im Bus.
Dann geht es relativ schnell voran, gegen 9 Uhr können wir vor die entsprechende Lagerhalle wie im letzten Jahr fahren. Die Gabelstapler kommen und leider werden die Sachen etwas rüde aufeinander gestapelt, so dass Nina und Marlu hinterher etwas mühsam versuchen die einzelnen Teile zusammenzukriegen. Auch jetzt – wie schon beim Beladen in Lübeck – sind alle wieder ganz stolz, wie viele gute Sachen wir doch letztendlich in diesem einen Jahr zusammengetragen haben. Dieser lange Sattelschlepper ist voller schöner Schränke, Betten, Instrumentarien, ein Mammographie-Gerät, ein gutes Kolposkop, OP-Tische, Instrumentenschränke, Säuglingsinkubatoren usw.

Und auch die Damen von der Stadtverwaltung sind total begeistert. Olga freut sich so, dass sie spontan zu Marlu kommt, und in schlechtem Deutsch sagt: Ich lieben Sie!

Wir sind heilfroh, dass die Wichtelpakete in dem zweiten Wagen komplett vom Zollhof getrennt untergebracht sind und auf dem Parkplatz stehen, so dass es hier keine weiteren Probleme gibt. Und die ganze Papierabwicklung hinterher, die ungefähr eine Stunde dauert und eine Menge Arbeit für Nella und Olga ist, aber uns eine schöne Stunde in der Sonne mit einem leckeren Eis beschert, ist mittags abgeschlossen. Letztendlich sind wir gegen 12 Uhr mit allem durch – wider Erwarten!

Anschließend fahren wir direkt zum Klinikum 11.
Andrej, Chefarzt der Chirurgie und Neurochirurgie, begrüßt uns herzlich und freundlich. Man möchte aber verständlicherweise nicht die gesamte Truppe mit auf die Intensivstation nehmen, so dass nur Nina und Marlu die Ambulanz, die neurochirurgische und die chirurgische Intensiv-Station besichtigen. Marlu muss voller Freude feststellen, dass sich hier erstens einiges getan hat durch Eigeninitiative (die Wände sind gestrichen, die Flure, die Böden verbessert), und alle, im letzten Jahr mitgebrachten, Apparate stehen da, vor allem die Hellige Monitore, sechs Stück, aufgebaut auf der Intensivstation, man nennt sie hier die „Raketen aus Deutschland“. Und das Personal trägt grüne OP-Kleidung, die im letzten Jahr mitgebracht wurde.

Auch Erich, der angesichts der doch recht gut gekleideten Stadtbevölkerung kurzzeitig Bedenken geäußert hatte, ob unsere Hilfe hier noch nötig ist, ist nach einem Blick in die Intensivstation sprachlos und meint nur: „Wir machen weiter!“
Uns wird auch wieder klar, dass unsere Bedenken, wenn eine Liege einen Riss hat oder ein Rollstuhl, der hierher gebracht werden soll, vielleicht nicht mehr ganz so neu aussieht, völlig überflüssig sind. Das, was hier existiert, ist so alt und in einem so schlechten Zustand, dass alles, was wir in diesem Jahr mitgebracht haben, eine deutliche Verbesserung, teilweise sogar schon richtig Luxus ist. Es fehlt hier einfach an allem!

Auch noch zu erwähnen, für uns unvorstellbar, ist dass man hier in ein Krankenhaus kommt und sich nicht nur Sorgen um seine Gesundheit machen muss, sondern auch noch Gedanken darüber, was man überhaupt zu essen bekommt. Hier ist es nicht üblich vom Krankenhaus verpflegt zu werden, sondern man muss sich darauf verlassen eine Familie zu haben, die einen im Krankenhaus mit Essen versorgt. Wir fragen uns, was diejenigen machen, die völlig alleine sind. Aber das gibt es hier wahrscheinlich gar nicht.

Auf dem Weg zum Mittagessen wird schon im Bus heftig darüber diskutiert und es ist eigentlich klar: WIR WOLLEN WEITERMACHEN ! Auch in der Form, in der wir es in diesem Jahr durchgezogen haben. Es sollen nur noch gute und hochwertige medizinisch-technische Sachen hierher gebracht werden.
Die Diskussion wird bei einem hervorragendem Mittagessen fortgesetzt, auf der Dachterrasse eines Hauses in der Nähe des Schwarzen Meeres mit Blick auf dieses. Wir kommen in den Genuss unseres ersten georgianischen Essens. Das zieht sich ca. über zwei Stunden hin mit reichhaltigen Vorspeisen: diversen Gemüsen, Kräutern, Soßen, Räucherfischen, so einer Art Tsaziki, und Getränken von denen man allein schon gesättigt ist. Dann kommt eine Art Borschtsch-Suppe, dann gibt es die Hauptspeise: Lamm und Kartoffeln, gegrillt, Fisch, danach noch Kaffee – also wir sind beeindruckt, geplättet und postprandial auch entsprechend müde.

Gegen 17 Uhr werden wir am Hotel abgesetzt und ziehen dann ohne unsere Stadtverwaltung und unseren Fahrer Grischa zu Fuß vom Hotel in die Altstadt. Das erste Bier unterwegs ist äußerst preisgünstig, die Runde geht an Erich. Das zweite Bier in der Altstadt ist dreimal so teuer, die Runde geht an Peter mit entsprechendem Ärger, Diskussionen und dann auch noch warm. Wir gehen weiter, in einen Park, in dem die Künstler ihre Bilder ausstellen. Aber es ist schon nach 20 Uhr und vieles abgeräumt. Aber es ist wunderschön abends im Hellen draußen sitzen zu können. Die Bäume blühen. Die Mädels und Damen dieser Stadt sind so freizügig angezogen, dass man meinen könnte, die ganze Stadt ist ein einziger Red-Light-District. Aber das scheint hier der allgemeine Modegeschmack zu sein, sehr, sehr freizügig und körperbetont, wenn nicht- nach unseren Vorstellungen- geradezu obszön. Das macht auch sicherlich den Reiz dieser Stadt für viele Männer aus….. und wird leider auch durch die Tatsache bestätigt, dass diese Stadt die höchste Aids-Rate in Europa hat.

Unsere dritte Station an diesem Abend ist eine kleine Bar, in der man draußen sitzen kann wie auf einem Sofa, mit großen, breiten Polstern. Dort machen wir die Entdeckung des Jahres: Hier gibt es den besten „Mojito“, ähnlich wie Caipirinha nur mit Minze, für 2 €. Ein weiterer Grund hierher zurückzukehren….!!!

Der Eurovisionstag findet auch hier in Odessa statt und eine große Rockband steht vor der Oper und gibt ein Konzert, das bis weithin schallt. Wir können sogar von unserer Mojito-Bar aus das anschließende Feuerwerk miterleben.

An diesem Abend gehen wir alle relativ früh, gegen 23 Uhr, zu Bett und machen unseren Schönheitsschlaf für den Empfang am nächsten Morgen.
 

Freitag, 20. Mai 2005

Wir werden um halb zehn abgeholt, für den Empfang im Rathaus. Der Bürgermeister selbst ist nicht da oder hat keine Zeit für uns, aber die neue stellvertretende Bürgermeisterin, seit einem Monat erst im Amt, soll uns erwarten.

Vor dem Rathaus erwartet uns zunächst Oxana, wie immer voll durchgestylt. Da wir noch etwas Wartezeit haben, sollen wir uns in der Eingangshalle dieses imposanten Rathauses direkt am Schwarzen Meer einige Vitrinen anschauen, die u. a. auch diverse Orden auch für humanitäre Hilfe beinhalten.

Oxana sagt: Guckt euch mal diese Orden an, irgendwann kriegen wir es hin, dass ihr auch noch so einen bekommt....
Dann werden wir in den 1. Stock geleitet und siehe da: Fernsehkameras, Presse, mehrere Reporter und Fotografen stehen um uns herum. Dann werden wir zu der stellvertretenden Bürgermeisterin geleitet, eine sehr ernste und unsicher wirkende Frau. Links neben ihr sitzt Irina, die Gynäkologin, rechts von ihr die Leiterin des Gesundheitressorts, auch selber Ärztin. Betont ernst, keine Miene verziehend, leiert dann die stellvertretende Bürgermeisterin Lobeslieder auf die Stadt Odessa herunter, der schönsten Stadt am Meer und dem was Odessa in der Geschichte geleistet hat und heute noch leistet, der Wissenschaft, der Forschung, der Kultur und so weiter. Dann bekommt Marlu überraschenderweise als erste Frau, die einen solchen Transport nach Odessa organisiert und geleitet hat, eine Medaille. Tja, damit hatte sie ja nun doch nicht gerechnet und obwohl dabei viel Blabla und Show ist, findet sie es doch irgendwie nett.

Unten in der Halle warten noch mal Fernsehen und Reporter auf uns und Marlu muss noch einmal eine Erklärung über IceFlower, die Geschichte und die Zusammenhänge dieses Transportes abgeben.

Leider verpassen wir an diesem Abend trotz mühsamer Versuche, in 34 russischen und ukrainischen Sendern uns selber im Fernsehen anzuschauen. Wir sollen angeblich dreimal in irgendwelchen Lokalnachrichten erscheinen. Bis heute haben wir leider auch keine Zeitung gefunden, in der über uns berichtet wurde.

Dann geht es weiter zum ersten Waisenhaus zur Verteilung von Wichtelpaketen. Es wird vom Auto aus verteilt und wir dürfen die Freude beim Auspacken miterleben. Es werden ganz viele Aufnahmen gemacht.
Auch hier hat innerhalb eines Jahres eine enorme Veränderung stattgefunden. Das ganze Haus ist von innen gestrichen, renoviert und liebevoll mit Bildern bemalt worden. Innerhalb der hier vorhandenen Möglichkeiten bemüht man sich, etwas zu verändern.
Im Gegensatz hierzu ist der Besuch des nächsten Heimes deutlich ernüchternder: Hier sind die sozial schwächsten Kinder: Straßenkinder, Waisenkinder, aber auch Kinder verwahrloster Eltern. Das ganze Heim sieht anders aus, die Kinder sehen ärmlicher aus, die Grundstimmung ist eine ganz andere und die Freude über die Pakete ist auch eine andere. Hier haben wir das Gefühl, dass unsere Aktion mit den Päckchen einen völlig anderen Stellenwert für die einzelnen Kinder hat, die wenig Liebe gekannt haben, keine persönlichen Dinge besitzen und beim Auspacken eine unbändige Freude zeigen.

Danach fahren wir zu Irinas Entbindungsklinikum Nr. 1. Dort wartet auf uns in ihrem neuen Konferenzraum eine Riesentafel, die sich biegt, mit den tollsten Köstlichkeiten der Ukraine: Lachs, Kaviar, Salate, Zungenwurst, Kräuter, Champignons, kleine Frühjahrskartoffeln, gegrilltes Fleisch, Fisch, Bier, Wein, Cognac – man kann es überhaupt nicht beschreiben. Sehr eindrucksvoll!

Wir besichtigen dann die Klinik von Irina. Dieses Krankenhaus ist das Musterbeispiel für gutes Organisationstalent und Beziehungen: Eine tiptop gestaltete, frisch gestrichene, renovierte, liebevoll eingerichtete Klinik mit Zwei-Bett-Zimmern (Mutter-Kind-Einheiten). Auf der Neugeborenen-Intensiv-Station liegen vier Kinder, einmal Zwillinge, ein kleines Kind mit 1.300 g, dessen Bruder mit 1.200 g wegen Herzproblemen in eine andere Klinik verlegt wurde, und dann hat dieser kleine Kerl ganz fürchterlich angefangen zu brüllen. Hat seinen Bruder nicht loslassen wollen... Nina und Marlu sitzen ganz fertig mit diesem kleinen Würmchen auf dem Arm.

Der OP sieht auch schon deutlich besser als vor 2 Jahren aus. Der Anästhesist, der sich damals fast weinend über die mitgebrachten Babylogs gefreut hat, trägt die damals mitgebrachte grüne OP-Kleidung. Beeindruckend ist hier auch Irina`s großartige Führungspersönlichkeit. Auf jeder Station, in jeder Abteilung stellt sie mit Herz und Wärme einen ihrer Mitarbeiter/innen vor und äußert sich jeweils lobend über die hervorragenden fachlichen Kenntnisse und die großartige Menschlichkeit dieser Personen.

Nach der Begehung der Klinik gibt es noch einen Abschluss mit Kaffee, Rotwein, Cognac. Dann gibt es noch Geschenke für jeden einzelnen von uns: Für Marlu ein großes Kupferstich-Bild der Stadt Odessa mit der Oper im Relief, die Männer und Nina bekommen einzelne kleine Kupferstiche, alle mit einer Widmung auf der Rückseite versehen.

Inzwischen ist es 17 Uhr geworden.
Draußen ist es richtig schwül-warm geworden. Die weitere Verteilung der Pakete geht an diesem Tag nicht mehr, aber Mascha bietet sich an mit uns eine Stadtrundfahrt zu machen und zum Supermarkt zu fahren, um uns bei unseren Einkäufen zu helfen.
Somit fahren wir runter zum Hafen in die Altstadt, steigen an der Potemkin-Treppe aus, Grischa fährt mit dem Bus zu dem zentral gelegenen, riesengroßen, modernen Supermarkt und wir begleiten Mascha zu Fuß dorthin. Auf dem Weg gehen wir von der Potemkin-Treppe zum historischen Rathaus, an dem heute morgen unser Empfang war, vorbei an der Kanone, die Richtung Meer zeigt und über die die Odessier ihre Witze machen: früher, als die Seeleute nach langer, langer Zeit zurückkamen, haben sie ihre Frauen gebeten, dreimal diese Kanone zu umrunden. Wenn sie nicht geschossen hat, war das der Beweis, dass ihre Frauen ihnen treu geblieben sind…
Wir sind uns einig, dass diese Idee nur von einer Frau stammen konnte.

Weiter geht es zwischen wunderschönen alten Gebäuden, gut renoviert, die überwiegend Museen beherbergen, vorbei an einem weiteren neuen Denkmal, das wie eine geviertelte Orange aussieht mit verschiedenen Figuren, die daran hängen. Irgendwie hat die Stadt Odessa als einzige Stadt Orangen vor vielen Jahrhunderten von den Griechen oder Türken erhalten und versucht mit diesen Orangen in Kiew etwas zu bewirken. Es gab einen sog. „Orangen-Erlass“. Das Ironische ist, dass dieses Denkmal ein paar Wochen vor der orangenen Revolution in Kiew im letzten Jahr per Zufall eingeweiht wurde.

Während wir am Standesamt vorbeilaufen, beginnt es so heftig zu regnen, dass wir in ein kleines Restaurant flüchten und dort lädt Marlu alle auf ein Glas Odessa-Sekt ein. Dann geht es weiter, vorbei an den modernen Läden, die in völligem Kontrast zu den alten Gebäuden und dem Zustand der Straßen stehen – Läden auch wie Mexx, LignetRose usw. Wir gelangen zu einem riesigen, hohen Rundbau, der das neueste Einkaufszentrum von Odessa darstellt. Wenn man die große Halle betritt und nach oben schaut, glaubt man in New York oder Hongkong zu sein. Der riesige Supermarkt mit Angeboten aus aller Welt befindet sich im Souterrain. Leider können wir hier nur bedingt unsere Wünsche erfüllen, bleiben aber dort unten noch sitzen um hervorragende Pizza zu essen.

Gegen 21:30 Uhr sind wir im Hotel.
 

Samstag, 21. Mai 2005

9:00 Uhr Abfahrt zu zwei weiteren Waisenhäusern. Diesmal sind es Heime, in denen nur Straßenkinder untergebracht sind. Auch hier ist die Freude über unsere Wichtelpäckchen groß. Als Dankeschön bekommen wir selbst gebastelte Armbändchen und Anstecker von den Kindern. Einige Kinder singen uns zum Abschied noch ein paar ukrainische Lieder vor.

Die Sonne scheint, es ist sicherlich 25°C warm und nun ist es auch gut. Alle wollen auch ein bisschen frei haben, die letzte Aktion unseres Pflichtprogramms ist nun abgehakt.

Jetzt geht es zu einem Abschiedsmittagessen in den „Bavaria-Keller“ in der Altstadt, wo ein Vorspeisenteller mit Hering und Krautsalat auf uns wartet. Dann gibt es Borschtsch und danach Schnitzel mit Bratkartoffeln. Alles hervorragend, aber wir platzen inzwischen fast alle...
Heute sind wir alle ziemlich müde und fertig. Der Himmel wird immer bedeckter, es ist richtig schwül. Aber zum Hinlegen bleibt keine Zeit, um 18:00 Uhr schließt der Pryvus, der berühmte, riesengroße Markt und das ist unser nächster Programmpunkt, nachdem wir uns von den Damen und Grischa nochmals ganz herzlich verabschiedet haben.
Bis zur Abfahrt am Montag haben wir jetzt frei!

Wir ziehen also gemeinsam über den Pryvus. Die Fleischerhalle, die Käsehalle, die Gemüsehallen und die vielen, vielen Stände, an denen die Menschen all die Dinge zum Verkauf anbieten, die sie in ihren kleinen Gärten und auf den Äckern am Rande der Stadt angebaut haben.

19.00 Uhr
Hunger hat keiner nach diesem reichlichen Mittagessen am Nachmittag, aber Durst! Also gehen wir noch einmal in die Altstadt und verbringen dort einen gemütlichen Abend im Freien.
 

Sonntag, 22. Mai 2005

Wir haben frei! Kurz nach 9:00 Uhr fahren wir mit einem kleinen Minibus vom Bahnhof aus zum 7 km entfernten größten Containermarkt Europas. Die Fahrt kostet 2 Griwna pro Person, d.h. ca. 40 Cent. Containermarkt heißt, dass eng in Basaren wie in Istanbul oder Bangkok viele Sachen, wie Kleidung, Lederwaren, alles aus der Musik- und Elektronikindustrie, Teppiche, Geschirr, Küchensachen etc. aus Schiffscontainern heraus angeboten werden. Über diesen Containern ist eine weitere Reihe Container, in denen die Ware gelagert ist. Man kann überhaupt nicht abschätzen oder beschreiben wie groß das Ganze ist, und man kann sich gut verlaufen. Und in diesem Gewimmel treffen wir als erstes auf Olga! Odessa ist halt doch nur ein Dorf…
Für eine gewisse Zeit macht es Spaß durchzugehen, sich alles anzuschauen, nach zwei Stunden reicht es aber wirklich. Man kann auch die Masse an Menschen kaum noch ertragen und den Anblick dieser vielen Billigklamotten.

Die Sonne kommt wieder durch und wir fahren gegen Mittag zurück. Noch ein kurzer Abstecher ins Kaufhaus gegenüber unserem Hotel. Es heißt „Universal“, IceFlower nennt es seit Jahren „Karstadt“.

Dann beginnt das große Umpacken und Vorbereiten. Das Auto wird „entkernt“, und danach wieder beladen. Dann fahren wir gegen 17:00 Uhr mit zwei Taxen nach Arcadia, das ist der Strand von Odessa. Sozusagen die Travemünder Promenade. Hier ist ein herrlicher Sandstrand, viele Leute sind noch draußen, auch etliche noch im Wasser. Man läuft eine Promenade herunter mit vielen Ständen mit Döner, Eis, Getränken... Ein alter Mann sitzt auf einer Bank und häkelt Hüte, die er verkauft. Ein anderer spielt Akkordeon. Es ist einfach eine schöne Atmosphäre, dazu ist es ein lauer Sommerabend, das Meer liegt vor uns, Urlaubsstimmung.

Da Nina und Marlu beschlossen haben, ihre vier Helfer vom THW als Dankeschön von IceFlower zu einem schönen Abschiedsabendessen hier einzuladen, beginnen wir zunächst einmal in einem ultramodernen, fast futuristisch gebauten Restaurant an der Bar mit Campari als Aperitif. Nebenan befindet sich ein Restaurant im Schiff. Es macht einen sehr guten Eindruck, aber leider gibt es keine Plätze draußen und wir wollen diesen Sommerabend wirklich an der frischen Luft genießen, so dass wir einen wunderschönen Platz mit Blick aufs Meer in unserem futuristischen Restaurant wahrnehmen. Wir speisen hervorragend mit Salat und Meeresfrüchten vorweg, Barbecue von Fleisch und Fisch im Anschluss. Als Dessert ein kleiner Spaziergang am Strand, barfuss, herrlich, Nina nimmt Sand für zu Hause mit. Wir gehen eine kleine Pier ins Meer hinaus, so dass wir alle sagen können: Wir sind einmal im Schwarzen Meer gewesen.

Als letztes Abenteuer die Kamikaze-Rückfahrt in zwei Taxen. Die Hinfahrt hatte 25 Griwna pro Auto gekostet, bei der Rückfahrt kommen wir – selbstverständlich weil man dort keine Taxen rufen kann – nicht unter 30 Griwna pro Wagen weg. Das ist auch okay, aber dafür ist die Fahrt ein einziges Abenteuer: Die beiden liefern sich eine Art Formel-1-Rennen mit bis zu 120 km/h durch die Stadt. Marlu überlegt, dass wir beim nächsten Mal auf Russisch Schilder ins Auto legen, dass man uns im Falle eines Unfalles unbedingt in die neue Privatklinik und nicht in das Krankenhaus Nr.11 bringt... Nina wurde auch noch verboten sich anzuschnallen, warum auch immer....

Wir haben es überlebt. Nun ist es kurz vor 22:00 Uhr. Wir gehen zu Bett.
 

Montag, 23. Mai 2005

Um 4 Uhr fahren wir ab. Ohne Nina und Marlu, die aus Termingründen einen Rückflug gebucht haben.

um 21:30 Uhr erreichen wir die Grenze. Wir fahren in den Zollhof ein, alles geht recht schnell. Nach 1 Stunden ist der Papierkram erledigt und wir könnten eigentlich nach dem Wiegen weiterfahren. Da es schon sehr spät ist, beschließen wir, auf dem Zollhof in unseren Fahrzeugen zu Übernachten.
 

Dienstag, 24. Mai 2005

Um 6 Uhr fahren wir mit dem LKW auf die Waage. Der Zollner schaut in die Fahrzeuge und interessiert sich auch für unsere Verpflegung. Ein paar Dosen Bier wechseln den Besitzer, wir fahren weiter. Letzter Kontrollpunkt auf der ukrainischen Seite, es wird noch mal in die Fahrzeuge geschaut, gefragt, ob wir Waffen dabei haben, dann dürfen wir weiterfahren.

Nun stehen wir genau an der Grenzlinie zwischen Ukraine und Polen und auf der polnischen Seite wir nicht abgefertigt. Während wir warten, beobachten wir auf dem Fußgängerübergang ein wildes Treiben. Menschen wollen aus der Ukraine nach Polen einreisen. Bei der Kontrolle auf der polnischen Seite werden einige von ihnen beim Schmuggeln von Zigaretten erwischet, gehen dann wieder zurück und reichen die Zigaretten über den Zaun an andere Schmuggler weiter oder klettern selbst über den Zaun und versuchen es wieder. Zigarettenschachteln werden mit Klebeband um den Bauch geklebt, eine Frau stopft Zigarettenschachteln in ihren Slip.

Nach 1,5 Stunden wird wieder abgefertigt und wir rollen weiter. Der polnische Zöllner spricht deutsch und ist sehr nett, auch wenn es etwas länger dauert. Ein Kollege schläft auf dem Schreibtisch, ein anderer hat ein sehr langes und heiteres Gespräch mit zwei Kolleginnen.

Nach 1,5 Stunden an der polischen Grenze fahren wir um 9:45 Uhr weiter zu unserem heutigen Ziel, Krakau. Wir erreichen Krakau um 16 Uhr und stellen die Fahrzeuge am „Motel Krak“ ab, das Erich und Klaus noch von der letzten Tour kennen. In Krakau machen wir eine Stadtbesichtigung, hübsche Altstadt, im Krieg nicht verstört.
 

Mittwoch, 25. Mai 2005

Um 7 Uhr verlassen wir Krakau und passieren um 15 Uhr ohne Verzögerung die deutsche Grenze. Am Berliner Ring trennen sich unsere Wege. Peter und Walter fahren direkt nach Hamburg und sind um 21 Uhr da. Erich und Klaus bringen noch den Trailer zurück nach Stralsund und kommen erst 5 Stunden später in Hamburg an.

Bericht: Dr. Marie-Luise Verspohl
Bericht: Walter Piechatzek

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